Viel Lärm un nichts

oder doch ?

Wir müssen ehrlich sein, es gibt streitsüchtige Hunde, die keine Gelegenheit auslassen, eine Rempelei anzuzetteln. Bei einigen Rassen findet sich dies häufiger, bei anderen weniger. Eine unangenehme Situation sind Raufereien allemal.

Es gibt die verschiedensten Ur­sachen, wenn es bei Hundebegegnungen aus heiterem Himmel zu hässlichen Raufereien kommt - ohne dass die Hundebesitzer falsch reagiert hätten. Es gibt wirklich Hund, die ohne ersichtlichen Grund auf Artgenossen aggressiv reagieren. Häufig Rüden gegen Rüden. Aber auch Hündinnen sind keine Engel und können mit erheblicher Energie andern «an den Karren fahren». Jeder Hundehalter nimmt solche Ereignisse auf seine Art wahr. Natürlich ist es schwer oder fast unmöglich, als beteiligte Partei objektiv zu bleiben. Wo fängt eigentlich die Rauferei an? Wo der ernsthafte Kampf? Die Grenzen sind gleitend. Schon eine kleine Rauferei kann zu erheblichen Verletzungen führen, zum Beispiel an den Augen.

Ein echter Kampf hingegen kann relativ glimpflich ablaufen, wenn zwei Rüden zupacken und vielleicht nur oberflächliche Bisswunden davon tragen, die rasch verheilen. Der Schein kann aber auch trügen. Wenn die Hundehalter nach einer Beißerei die Hunde auf Verletzungen hin kontrollieren und lediglich ein paar Löcher von den Zähnen des Gegners registrieren, heißt das noch gar nichts. Solche Wunden bluten fast nicht, können aber sehr tief sein und nach einigen Tagen eitern; der Hund bekommt Schmerzen und Fieber, die Infektion ist perfekt. Daher sollte man auch scheinbar kleinen Wunden Beachtung schenken.

Oft hört man, die Schärfe komme vom Hundesport. Diese Annahme ist gänzlich falsch. Hundesport macht Hunde nicht böse auf Artgenossen. Im Gegenteil, sie lernen, sich auf ihre Aufgaben zu konzentrieren, auch unter Ablenkung durch andere Hunde, und werden so auch in der Freizeit bei Be­gegnungen mit Artgenossen sicher in der Hand des Führers sein.

Es gibt auch Hunde des übernervösen Typs, die bei jeder Ge­egenheit kopflos reagieren und unberechenbar werden können. Zudem kann es dort, wo Rivalität ins Spiel kommt, wenn Hunde sich treffen, zu schweren Verletzungen kommen. Es ist ganz klar festzuhalten, dass es auch Kämpfertypen gibt, die nicht klein beigeben, auch wenn sie psychisch unterlegen sind, und bis zuletzt weiterkämpfen. In Situationen, die so unglücklich verlaufen, dass das ganze wohl-geordnete lnstinktgefüge zusammenbricht, kann es leider Hundekämpfe geben, die tödlich enden. Daher stimmt die landläufige Vorstellung nur ganz bedingt, wenn man gemeinhin annimmt, die Hunde sollen ihre Rangkämpfe ruhig selber austragen, in der Annahme, das hierarchische Gefüge sei dann hergestellt und es herrsche Ordnung bis ans Ende der Zeit.

Vorbeugen ist besser als heilen

Wie kann man einer Rauferei vorbeugen? Zwei große, selbstständige und selbstbewusste Hunde gleichen Geschlechts sollte man nicht zur gleichen Zeit frei im Gelände laufen lassen, auch wenn sie als gutartig gelten. Von einer Sekunde auf die andere kann die Situation eskalieren, denn Ursache für einen Streit entsteht rasch. Die Hundehalter sollten Vorsicht walten lassen, wenn die Hun­de nicht aneinander gewöhnt sind.

Wenn es zu bedauerlichen Zwischenfällen kommt, ist der Gedanke, der oder die Hunde hätten ein gestörtes Instinktverhalten, kurzsichtig. Aggression, Führungsanspruch und Revierverteidigung können ohne weiteres positive Instinkte sein. Es liegt am WeIpenbesitzer, in der Erziehung und Ausbildung schon ganz früh diese Instinkte in geordnete Bahnen zu lenken, die kontrollierbar sind.

Die viel zitierte Unterwerfungsgeste des Unterlegenen führt bei weitem nicht immer zur Beschwichtigung des Siegers, im Gegenteil, sie kann ihn herausfordern, erst recht zuzupacken. Man sieht aber oft Vertreter kleiner Rassen, die sich so selbstsicher und imposant ihren Gegnern stellen, dass diese von ihnen ablassen oder eben gar nicht anfangen.

Nicht selten erklären Besitzer notorischer Raufer treuherzig: «Das hat er aber noch nie gemacht.. . » Es sind oft Hundebesitzer, die sich vielleicht unbewusst sogar freuen, wenn ihr «Rex» wieder einmal ein «Bär­Ii» am Kragen nimmt. Sie reden sich dann heraus, Kraftproben seien ein Stück Natur. Das geht solange, bis zwei unerbittliche Kämpfer aufeinander stoßen. Also Grund genug, ihrem Hund das Angreifen strikte zu verbieten und notfalls drastisch zu korrigieren.

Zum Glück handelt es sich bei den meisten Auseinandersetzungen zwischen Hunden nur um herzhafte Balgereien, bei denen keiner der Kämpfer die Absicht hat, den anderen ernsthaft zu verletzen. Auch wenn das Ganze mit wildem Krach und Gebell über die Bühne geht.

Unerfahrene oder nervöse Zuschauer kann dieses Spektakel natürlich schockieren. Wenn man nachher nachschaut, findet man meist kaum einen Kratzer bei den Raufbolden. Hier kann man sagen, es war mehr Show als etwas anderes. Aber wie dem auch sei, auch da haben die Besitzer ihren Hunden klar zu machen, dass das Anzetteln solcher Spiele untersagt ist. Kämpfe werden häufig von unsicheren Hunden begonnen, die dann plötzlich Angst vor ihrem eigenen Mut bekommen. Selbstbewusste, ruhige Hunde lassen sich meist gar nicht auf solche Attacken ein. Das liegt nicht am fehlenden Kampf- oder Wehrtrieb, wie oft gespottet wird, sondern ist im Gegenteil ein Zeichen für absolute Sicherheit der Hundepersönlichkeit.

Deshalb ist es schon in den Welpenspielstunden von Be­deutung, dass die Jungtiere Gelegenheit haben, im Kampfspiel entsprechende Körpersignale zu erfassen und zu üben. So lernen sie auch, ernsthafte Auseinandersetzungen zu vermeiden. Die meisten wirklich schweren Kämpfe brechen aus, weil einer der beteiligten Kontrahenten die Signale des andern nicht richtig interpretieren konnte und aus Unsicherheit die Nerven verlor.

Nicht eingreifen ist schwer

Hundekämpfe sind ein Albtraum für die meisten Hundehalter. Mit Recht. Unser Beschützerinstinkt kann uns verleiten, selber in den Kampf einzugreifen, weil wir unseren Hund vor Verletzungen bewahren wollen. Es braucht viel Überwindung, nicht einzugreifen. Aber die Situation kann sich auch so entwickeln, dass der erfahrene Hundehalter erkennt, dass es nun hart auf hart geht. Dann wird er nicht untätig daneben stehen und zuschauen, wie sein Hund unter die Räder kommt. Er begibt sich ohne zu Überlegen selber in Gefahr.

Es gibt verschiedene Methoden, die empfohlen werden, um kämpfende Hunde zu trennen. Keine taugt etwas, wenn man zu langsam, zu unsicher oder zu zögernd ist. Es gibt auch keinen richtigen Moment. Es geht höchstens, wenn beide Hundebesitzer ruhig bleiben, die ineinander verbissenen Hunde nicht auseinander zerren (viele schwere Verletzungen entstehen erst dann), sondern die Nerven behalten, bis die beiden Raufer Luft holen müssen, um sie dann gleichzeitig auseinander zunehmen. Jeder Hund wird sofort weggeführt, erst dann untersucht niemals gelobt und auch nicht getröstet. Wenn möglich die Wunden austupfen, um sich ein Bild von den Verletzungen zu machen. Unbedingt sollte man nach der Adresse und Telefonnummer des anderen Hundebesitzers fragen. Nötigenfalls auch dessen Autonummer notieren. Hat der eigene Hund begonnen, dann wäre es nichts als Anstand, anderntags anzurufen, um sich über den Gesundheitszustand des Hundes zu erkundigen. Abklären, bei welchem Tierarzt der Hund behandelt worden ist und ob eine Haftpflicht- oder Unfallversicherung für den Hund besteht. So oder so, jede Rauferei ist eine zuviel. Hundeführer soll­ten vorausschauend handeln. Um mit dem Hund unliebsame Begegnungen zu vermeiden, lieber einmal einen Bogen schlagen oder einen anderen Spazierweg wählen.

Es lohnt sich.